Gestern hat das Bundeskabinett die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung– EnSikuMaV) beschlossen. Die EnSikuMaV wurde direkt vom Bundeskabinett ohne Beteiligung des Bundestags oder Bundesrats beschlossen und soll zum 1. September 2022 in Kraft treten und tritt mit Ablauf des 28. Februar 2023 außer Kraft. Sie zielen auf Einsparungen ab, die bereits in dieser Heizsaison zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen können.
Außerdem gilt ab dem 01.10.2022 eine Verordnung für mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV). Die EnSimiMaV wurde am 16. September 2022 vom Bundesrat gebilligt und wird mit dem Ablauf des 30. September 2024 außer Kraft treten. Ihre Maßnahmen zielen auf Einsparungen in der kommenden und der folgenden Heizperiode ab, haben aber auch eine Wirkung darüber hinaus.
Inhalte der EnSikuMaV (>> Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung):
Mieter bekommen mehr Spielraum, um Energie einzusparen: Vertragliche Verpflichtungen, die eine Mindesttemperatur in gemieteten Räumen vorsehen, setzt die Verordnung für ihre Geltungsdauer aus. Allerdings bleiben andere vertragliche Pflichten der Mieter – insbesondere durch angemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an der Mietsache vorzubeugen – davon unberührt.
Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken: In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist die Beheizung von privaten, innen- oder außenliegenden Schwimm- und Badebecken einschließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus dem Stromnetz untersagt. Eine Ausnahme gibt es für therapeutische Anwendungen und auch gewerblich genutzte Pools sind davon nicht betroffen.
Für öffentliche Nichtwohngebäude gibt es (mit Ausnahmen) ein Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen, Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen (mit Ausnahmen, beispielsweise für medizinische Einrichtungen, Schulen und Kindertagesstätten) und Einschränkungen für Trinkwassererwärmungsanlagen. Außerdem untersagt die Verordnung die Beleuchtung von Gebäuden oder Baudenkmälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung. Ausgenommen sind auch kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen und Volksfesten.
Information für private Energiesparmaßnahmen: Zudem verpflichtet die EnSikuMaV Gas- und Wärmelieferanten, ihre Kunden über den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten, über die Auswirkungen der aktuellen und möglicherweise noch kommenden Energiepreissteigerungen und über mögliche Einsparpotenziale frühzeitig, mindestens aber zu Beginn der Heizsaison zu informieren. Eigentümer von Wohngebäuden deren Wohngebäude leitungsgebunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben den Nutzern diese Informationen weiterzuleiten. Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten müssen auf dieser Grundlage zudem spezifische Informationen zu Energieverbrauch und Energiekosten der jeweiligen Wohneinheit geben. Bei erneuten Preissteigerungen sind erneut Informationen bereitzustellen.
Hier kann man in etwa prognostizieren, dass durch eine Absenkung der Raumtemperatur von 1°C ca. 6 % Energie gespart werden kann.
Bei der Informationspflicht bezüglich Energieeinsparungen soll auf die Kampagne www.energiewechsel.de hingewiesen werden.
Eingänge im Einzelhandel / beleuchtete Werbeanlagen: In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Eingangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als Fluchtweg erforderlich ist. Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr des Folgetages (mit Ausnahmen) untersagt.
Es gibt für Unternehmen verpflichtende „Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in Arbeitsstätten“ entsprechend der in der Verordnung festgelegten „Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen in öffentlichen Nichtwohngebäuden“.
Wichtig für alle Abrechnungsdienst-Kunden mit Liegenschaften mit mehr als 10 Nutzeinheiten:
die Abrechnung für das Kalenderjahr 2021 sollte idealerweise bis 31.10.2022 beim Nutzer sein. Die Abrechnung dient als Grundlage für die Kostenprognose in der Heizperiode 2022/23.
Zu möglichen Konsequenzen bei Nicht-Beachtung steht in der Verordnung übrigens nichts. Es droht bei fehlender Information demnach kein Bußgeld oder ein Kürzungsrecht bei der Betriebskostenumlage, wie dies bei anderen mietrechtlichen Verstößen teilweise der Fall ist. Dennoch hat der Mieter einen Anspruch auf Erfüllung gesetzlicher Vorgaben. Er kann daher die geschuldeten Informationen einfordern und im Zweifel die Erfüllung der Informationspflicht auch einklagen. Ein Kürzungs- oder Minderungsrecht steht ihm jedoch nicht zu. "Aussitzen" bis März 2023 empfiehlt sich übrigens nicht: Ignoriert die Hausverwaltung diese Pflicht, verstößt sie gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung!
Inhalte der EnSimiMaV (>> Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung):
Heizungsüberprüfung
Jede Eigentümerin und jeder Eigentümer eines mit einer Gasheizung beheizten Gebäudes hat eine Heizungsüberprüfung durch eine fachkundige Person vornehmen zu lassen und gegebenenfalls identifizierte Maßnahmen bis spätestens zum 15. September 2024 zu ergreifen. In Frage kommt laut Verordnung die Absenkung der Vorlauftemperatur einer Heizung, die Aktivierung der Nachtabsenkung oder die Absenkung der Warmwassertemperaturen. Es können auch Ausnahmen möglich sein.
Hydraulischer Abgleich
Daneben haben Eigentümerinnen und Eigentümer großer Gebäude mit Gaszentralheizungen einen sogenannten hydraulischen Abgleich (vereinfacht: komplexe Abstimmung aller Komponenten der Heizanlage) vorzunehmen. In einem ersten Schritt bis zum 30. September 2023 werden hier die Eigentümerinnen und Eigentümer von Nichtwohngebäuden über 1.000 Quadratmeter beheizter Fläche und Wohngebäude mit mindestens zehn Wohneinheiten erfasst. Im zweiten Schritt bis zum 15. September 2024 dann Wohngebäude mit mindestens sechs Wohneinheiten. Ausnahmen gibt es nur, wenn bereits abgeglichen wurde, das Gebäude stillgelegt wird oder ein Heizungstausch oder eine Wärmedämmung bevorsteht.
Umsetzung der Maßnahmen
Unternehmen werden verpflichtet, alle wirtschaftlich durchführbaren Energieeffizienzmaßnahmen unverzüglich, spätestens innerhalb von 18 Monaten, umzusetzen, die im Rahmen von Energie- und Umweltmanagementsystemen und Energieaudits nach dem Energiedienstleistungsgesetzes identifiziert wurden. Ausgenommen von der Verpflichtung zur Umsetzung solcher Energieeffizienzmaßnahmen sind Unternehmen mit einem jährlichen durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von weniger als 10 Gigawattstunden innerhalb der letzten drei Jahre. Für die Frage, ob eine Maßnahme wirtschaftlich ist, gilt die DIN EN 17463, die Spielräume sind also begrenzt.
Für viele Unternehmen, Vermieter und Eigentümer steht also einiger Aufwand ins Haus, zumindest erst einmal mit der Prüfung, ob die Pflichten im Einzelfall gelten oder unter der Ausnahmetatbestand fallen. Viele Installateure, die einen hydraulischen Abgleich beherrschen, werden also in den nächsten zwei Jahren zusätzlich zu meist eh schon vollen Auftragsbüchern noch viele weitere Aufträge erhalten.
(b5, 25.08.2022 + Update zur EnSimiMaV am 19.09.2022)